18.02.2022, von F. Sevecke, B. Greiff

Schwere Sturmflut in Hamburg: THW besetzt Bereitstellungsräume

Nächtlicher Einsatz wegen schwerer Sturmflut in Hamburg. 20 Zentimeter über dem Pegel von 1962 sind prognostiziert. Bereitstellungsräume und Krisenstäbe wurden aktiviert.

Kommt die Flut oder bleibt es bei dem heftigen Sturm? Die SEG ist noch an einer Einsatzstelle aktiv, die ÖGA Höhenrettung macht sich grade abfahrbereit, als der Hamburger Sturmflutwarndienst (WADI) die Warnstufe erhöht. Abhängig von den durch den WADI ausgegebenen Wasserstandsstufen werden die jeweils erforderlichen Schutzmaßnahmen eingeleitet. Heute in den frühen Morgenstunden soll der Pegel die 5,50-Marke überschreiten, der Punkt ab dem von einer schweren Sturmflut gesprochen wird. Dass Hamburg heute Nacht eine der schwersten Sturmfluten seit Beginn der Aufzeichnung vor über 200 Jahren erleben wird, zeichnet sich nun ab. 

 

Alle Einsatzkräfte werden simultan über die verschiedenen Alarmierungswege aus dem Schlaf gerissen und in den Ortsverband einbestellt. Es ist 1.30 Uhr, leichter Regen, teils heftig böiger Wind.  Das Deichverteidigungskonzept der Stadt Hamburg sieht vor, dass ab einem zu erwartenden Pegelstand von 5,50m der Ortsverband Hamburg-Mitte zwei Technische Züge (reduzierte Aufstellung) aktiv in einem Bereitstellungsraum vorhält. Außerdem entsendet der Ortsverband Einsatzkräfte in den Regionalen Katastrophendienststab (RKD) und in die Technische Einsatzleitung (TEL) 10/01. 

 

Schnell füllt sich der Ortsverband mit Einsatzkräften. Auch die noch ausgerückte SEG wird vom Sturmeinsatz abgezogen und zurück in den Ortsverband verlegt. Ob heute Nacht schlimme Dinge passieren? Die große Flut von 1962 hat sich vor 2 Tagen zum sechzigsten Male gejährt. Die Bilder von damals sind in den letzten Tagen über alle Fernseher, Monitore und Smartphones geflackert. Was vorgestern auf Fotos zu sehen war, schwebt nun gedanklich nach. Die Einsatzkräfte sind auf die unterschiedlichen Räume verteilt, trinken Kaffee, unterhalten sich, warten ab was kommen wird. 

 

Björn und Dirk machen sich derweil auf ins Bezirksamt Hamburg-Mitte. Dort sind der RKD und die TEL heute untergebracht. Nach einem abenteuerlichen Weg quer durch das Gebäude sind die beiden Einsatzkräfte im 11. Stock angekommen. Zum RKD geht’s nach links, zur TEL nach rechts. Auf dem Flur dazwischen haben sich die Oberdeichwarte (ODW) eingerichtet, sind am telefonieren, notieren Dinge, verfolgen das gehörte mit dem Finger auf großen Landkarten. 

 

Die TEL nimmt die Arbeit auf.  Noch ist die Lage recht entspannt. Stück für Stück werden die farbigen Magnete auf der Landkarte ausgetauscht. Jeder Magnet repräsentiert ein Flutschutztor. Von einem Tor fehlt noch die finale Rückmeldung, dass alles in Ordnung ist. Alle anderen Tore ließen sich schließen, sind jetzt grün markiert. 2013 gab es bei der Sturmflut genau in dieser Situation ein Problem. Ein Flutschutztor ließ sich damals nicht schließen und die TEL 10/01 hatte Einsatzkräfte vom THW Hamburg-Mitte entsendet um einen Dammbalkenverschluss herzustellen. Kurze Zeit später schaut der ODW nun aber doch um die Ecke und teilt mit, dass eben das letzte Tor erfolgreich geschlossen werden konnte. 

 

Der Wasserpegel steigt. Um 5.30 Uhr soll der Scheitel erreicht sein. 5,90m sind prognostiziert. Die Zeit vergeht, der starke Kaffee hält wach, es wird 3 Uhr, es wird 4 Uhr, es wird 5 Uhr. Heute Nacht scheint es trotz des hohen Pegels ruhig zu bleiben. Kurz nach halb sechs zeigen die Messsysteme endlich einen fallenden Pegel an. Das Wasser geht wieder zurück. 5,88m wurden erreicht. Das sind etwa 20 Zentimeter mehr als damals beim Hochwasser im Jahr 1962. Mit diesem Pegel geht der heutige Tag in die Liste der schwersten Sturmfluten ein. Der 19. Februar 2022 wird auf dieser Liste nun den Platz 6 einnehmen. Geführt wird diese Statistik seit 1788. 

 

Die Hochwasserschutzanlagen haben funktioniert und der Naturgewalt standgehalten. Vergebens war der Einsatz im Bereitstellungsraum und in den Stäben heute Nacht jedoch nicht: wenn es an nur einer Stelle Probleme gibt, dann muss sofort gehandelt werden, jede Minute kann zählen. Ein Grund zur Freude, dass wie heute Nacht nicht rausfahren mussten. Ein Grund zur Freude, dass wir in einer Stadt mit funktionierendem Hochwasserschutz leben. Ein Grund zur Freude, dass für den Ernstfall ein System vorgehalten wird, dass schnell und schlagkräftig handeln kann. 




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